Rede für mein Gehirn

Liebes Gehirn,
ich weiß nicht so recht,
ob du meine Rede hören und verstehen kannst.
Trotzdem muss ich dir dies alles sagen,
und zwar sofort, ohne Aufschub.
Ich weiß ja nicht, wieviel Zeit ich noch hab’.
Hab’ deshalb Geduld mit mir.
Schließlich muss ich es mit dir auch schon viele Jahre aushalten.

Da meine Zeit ausläuft,
und mein Denkvermögen möglicherweise abnimmt,
nehme ich mir jetzt die Zeit, zu dir zu sprechen.
Seit einiger Zeit denke ich,
dass du als Gehirn nicht mehr so recht in deiner Bestform bist,
wie du lange Zeit wohl warst.

Du denkst spürbar träger, schlechter
und behältst immer weniger in deinem Gedächtnisteil.
Früher hast du so Vieles superschnell gedacht,
berechnet, behalten. Dem ist aber wahrlich nicht mehr so.

Nein, liebes Gehirn, du bist eher nur noch so,
so wie in einer Zeitlupe im Film,
aber dann zudem noch unscharf,
wie wenn man die falsche Brille trägt.
Was kann ich für dich tun,
damit es dir wieder besser geht?
Soll ich früher schlafen gehen, länger schlafen,
keinen Wein mehr trinken,
mehr Joghurt mit Muesli essen?
Soll ich vielleicht Gedichte auswendig lernen,
ein Instrument spielen lernen,
Gesangstunden nehmen?

Soll ich noch mehr Meditation machen,
Sport treiben, Sukudos oder Puzzles lösen?
Oder kan man nichts Gescheites machen,
damit du, mein Gehirn, wieder besser wirst,
schneller, mehr behältst,so wie es einmal war,
oder doch nur in meiner Erinnerung war?

Also, denk mal darüber nach,
komm’ aber bald zu einer Einsicht,
und schicke mir diese Einsicht als Bericht.
Bis bald, ich verlasse mich ganz auf dich,
lieber als auf mich.

24 Februar 2011